Heute ist ein sehr anstrengender Tag.
Nach dem Frühstück, das wir wieder in unserem „Stammlokal“
einnehmen (Momos – gut, Reissuppe mit gesalzenem Gemüse – brrr...), verlassen
wir Tholing, das wie eine Oase in dieser wüstenartigen Canyonlandschaft wirkt.
Vorher wird noch Marschverpflegung (frische Kuchen und Kekse) bei einer sehr
netten Chinesin gegenüber des Restaurants besorgt.
Wir fahren durch die beeindruckende Canyonlandschaft bis
nach Tsaparang und besichtigen die am und im Berg gebaute, zum Teil von den
natürlichen Sandsteinformationen nicht unterscheidbare Tempelstadt. Über steile
Treppen und ins Gestein gegrabene Tunnels geht es bis zur spitze des Berges
(immerhin wieder fast auf 3800m). Von oben hat man eine prachtvolle Aussicht
auf den Canyon.
Einige der in den Tempeln noch vorhandenen Wandmalereien
lassen die ursprüngliche von Govinda beschriebene Pracht noch erahnen – der
Grossteil der Kunstwerke wurde leider auch hier während der Kulturrevolution
oder durch eingedrungenes Wasser zerstört. Einige zaghafte
Restaurierungsversuche sind zwar im Gange, aber...
Trotzdem ist Tsaparang sicher einer der Höhepunkte der
Reise.
Wir fahren zum Mittagessen zurück nach Tholing. Ein großer
Topf Nudelsuppe mit Gemüse und Fleisch für jeden – natürlich wieder im selben
Restaurant – sehr gut.
Dann fahren wir los – wir wollen ja wieder zurück zur
Hauptstraße nach Ali, allerdings auf der zweiten, neueren Straße. Die Fahrt ist
mehr als abenteuerlich.
Zunächst fahren wir noch weiter durch die wunderbare
Canyonlandschaft des Sutley.
Da wir ja bis auf 3600m runter gefahren sind, heißt es
jetzt wieder Höhe gewinnen.
Zwei um die 5200m (!) hohe Pässe sind zu überwinden.
Schwindelerregende am Berghang klebende, zum Teil vom
Wasser weggerissene, von Schlaglöchern übersäte Fuhrwege, eingestürzte Brücken,
Schluchten, Staub usw...
Die Fahrer fahren natürlich wieder was das Zeug hält. Am
Beifahrersitz bricht mir schon manchmal der Angstschweiß aus, wenn unser Auto
bei einer extremen Schräglage hunderte Meter über der Schlucht um die engen
Kurven schlittert.
Besonders unangenehm das untertourige Fahren, das sie
bevorzugen. Geschaltet wird erst, wenn der Wagen schon fast steht...
Weiters dient die „Straße“ nur als grobe Richtlinie. Wo es
nur geht machen wir einen Abschneider, vorzugsweise beim Bergabfahren – sie
fahren einfach senkrecht den Berghang hinab – Motorbremse unbekannt, falls die
normalen Bremsen versagen, eine Handbremse gibt’s auch noch irgendwo.
Dabei haben wir mit unserem Fahrer noch Glück. Er ist sehr
umsichtig und hilfsbereit und lehnen wir einen allzu gefährlichen Shortcut ab,
wählt er die sicherere Variante.
Auch unser Auto – obwohl bereits mehr als 200.000km am
Buckel – macht kaum Probleme. Es müssen zwar immer wieder (wie bei den anderen
auch) irgendwelche Filter vom Staub gereinigt werden, aber sonst passt es.
Da macht ein anderer Jeep schon mehr Probleme, ständig
schrauben sie daran herum – einmal wurde einfach ein defektes ca. 1m langes
Gestänge von unterhalb des Fahrzeugs entfernt (ohne es zu ersetzen), dann
fuhren sie weiter. Bei der nächsten Pause „spendete“ ihnen unser Fahrer ein
Ersatzteil, das er einfach aus unserem Motor ausbaute (jetzt fehlt es halt bei
uns...)
Nach der Überwindung des ersten Passes war auf der anderen
Seite kein Weiterkommen mehr: LKW-Panne mit Stau der Entgegenkommenden, dürfte
schon längere Zeit bestehen, da sich trotz des geringen Verkehrsaufkommens eine
lange Kolonne gebildet hat – an ein Vorbeikommen bei der einspurigen Straße am
Berghang ohne Ausweichmöglichkeit, noch dazu über 5000m – nicht zu denken.
Was tun? Zurückfahren? Nein. Die Fahrer lösen das Problem,
indem sie den gesamten Stau abschneiden und umfahren – sie lassen sich
senkrecht den Berg hinunter (es gibt hier schon einige Fahrspuren, aber...) Wir
sind jedenfalls vorher ausgestiegen.
Das Manöver klappt und wir fahren weiter durch die
faszinierende (und das ist sie) Landschaft. Vorbei an Schaf- und Yakherden,
Nomadenzelten...
Langsam regt mich die gefährliche Straße immer weniger
auf. Die Leistung unseres Fahrers ist schon beachtlich. Ich bin froh, dass ich
mir an der Grenze das richtige Fahrzeug ausgesucht habe...
Franz erzählt mir am Abend, dass sie bei einer dieser
berüchtigten Abkürzungen einen Dreher mit ihrem Jeep hatten und fast abgestürzt
wären...
Fast schon in der Dämmerung haben wir es geschafft – die
Hauptstraße ist in Sicht – und unser Lager auch. Unsere Sherpas haben ein
wunderschönes Zeltlager aufgebaut (direkt am Fluss, zwischen zwei Bächen, alle
Zelte wurden gereinigt...) und erwarten uns schon mit Tee und Keksen.
Der Koch hat sich auch wieder selbst übertroffen. Es gibt
Hummerchips, heiße Tomatensuppe, Gemüse-Momos (Ravioli) mit Kichererbsen und
Gemüse. Als Nachspeise hat er uns noch einen Kuchen gebacken (mit Glasur!).
Zufrieden und satt krieche ich in meinen Schlafsack.
Lager bei Namru 4300m.
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