Mittwoch, 27. August 2003

Kailash - Montezumas Rache


Ich wache noch vor dem Wake-up call auf und sofort ist mir die Ursache meines gestrigen Unwohlseins klar: Montezumas Rache! Na super – heute haben wir 260 km Fahrt vor uns – da kommt mir der Durchfall gerade recht...

Zum Frühstück esse ich gleich nur Tee und Toast – dann fahren wir ab Richtung Lhasa.

Es geht auf einer gut präparierten Sandstraße dahin. Zunächst über den Sima La, dann weiter über den berühmten Karo La mit einem beeindruckenden Gletscherbruch vor der Passhöhe. Nun fahren wir entlang des türkisblauen Yamdruk Yamtso – der schönste See Tibets und natürlich heilig. Hier machen wir auch Mittagspause.

Weiter geht’s über den Kamba La, von dem man noch einen schönen Ausblick auf den See hat und schließlich hinunter ins Tal des Tsangpo. Wir überqueren den Fluss auf der neuen (einzigen?) Brücke und fahren ab jetzt auf einer guten Asphaltstraße nach Lhasa.

Dienstag, 26. August 2003

Kailash - Gyantse


Aufbruch nach Gyantse. Es geht auf einer neuen Asphaltstraße völlig problemlos dahin. Wir erreichen noch am späten Vormittag Gyantse.

Zunächst besteigen wir noch einen 4000er – den Mt. Dzong. Die Festung wurde 1904 von den Engländern unter Youngusband teilweise zerstört. Es ist schon erstaunlich, wie leicht uns gut akklimatisierten „Hardcore- Trekkern“ der Aufstieg im Vergleich zu den nach Luft japsenden, bleichgesichtigen „Tibet soft – Touristen“ fällt. Ich bin nur minimal kurzatmig, nachdem wir den Burgberg erstiegen und die prächtige Aussicht genießen.

Nach dem Mittagessen besichtigen wir das Palkhor-Kloster mit dem Tsuklakhang und dem begehbaren Kumbum-Chörten. Am späten Nachmittag auf dem Rückweg zum Hotel fühle ich mich plötzlich gar nicht wohl. Extrem erschöpft – seltsam...

Ich habe den ganzen Tag viel zu wenig getrunken, obwohl es ziemlich heiß ist. Immerhin sind wir doch noch auf über 3900m! Fällt einem gar nicht so auf nachdem wir uns jetzt mehr als zwei Wochen auf Höhen zwischen 4500 und 5000m aufgehalten haben. Nachdem ich ein Flasche Wasser und einen Red Bull getrunken habe, geht es mir etwas besser. Ich döse etwa zwei Stunden auf dem Zimmer.

Zum Abendessen muss ich mich zwingen, lasse das meiste stehen – irgendwie ist mir noch immer schlecht – keine Ahnung was das wird – vielleicht habe ich mir auch nur den Magen verdorben...

Also aufs Zimmer und auskurieren bis morgen...

Gegen 22:00 Uhr läutet es noch mal an der Tür. Das freundlich gemeinte Angebot zu einer „Entspannungsmassage“ muss ich heute leider ablehnen – fühle mich einfach nicht wohl. Nachdem ich das Mädchen wieder hinauskomplimentiert habe, hau’ ich mich erst mal aufs Ohr...

Montag, 25. August 2003

Kailash - Shigatse


Nach gutem chinesischen Abendessen habe ich ausgezeichnet geschlafen (wir sind ja wieder auf 3800m herunter). Höre weder Wecker, noch das 1. Mal Klopfen an der Tür (Ohrstoppel!). Nach dem (leider) kontinentalen Frühstück verlassen wir Lhatse im Regen Richtung Shigatse.

Die Straße ist gut, teilweise asphaltiert, nur einer der Landcruiser macht wieder mal Probleme – dauernd bleibt er stehen – irgendwas mit der Benzinpumpe. Schon langsam wird das lästig.

Gegen 14:00 erreichen wir Shigatse. Die Stadt gleicht einer Großbaustelle. Ein Teil der Straßen wird kanalisiert und asphaltiert, zahlreiche Häuser werden gebaut. Wir werden im Shigatse Hotel untergebracht. Angeblich das beste Haus am Platz. Stimmt auch. Bietet allen Komfort. Die Zimmer sind im tibetischen Stil eingerichtet und urgemütlich.

Nach dem Mittagessen (chinesisches Buffet) besichtigen wir erst mal das Kloster Tashilumpo – beeindruckend. Danach Stadtbummel auf eigene Faust. Binnen kurzer Zeit habe ich mich verlaufen und kenne bald halb Shigatse – nur das Hotel hab ich noch nicht gefunden – erfahre später, dass sich fast die ganze Gruppe verlaufen hat...

Schließlich bummle ich noch durch den tibetischen Markt – hier gibt es fast alles zu kaufen: Gebrauchs- und schöne tibetische Kunstgegenstände (Thankas, Teppiche...). Kaufe aber nichts (in Lhasa gibt es mehr Auswahl). Nach zwei Stunden herumirren beschließe ich mir ein Taxi oder eine Rikscha zu nehmen, stehe aber plötzlich auf einer bekannten Kreuzung – und das Hotel ist gefunden (seltsam nur, dass die Straße ganz anders heißt, als auf der Adresskarte angegeben...)

Ich mache mir mit dem elektrischen Wasserkocher am Zimmer noch schnell einen grünen Tee – dann ist Zeit zum Abendessen – wieder Buffet.

Danach wird’s richtig gemütlich. Ich schalte den elektrischen Heizkörper im Zimmer ein, lasse mir ein Vollbad (!) einlaufen und genieße es erst mal, mich so richtig zu waschen. Danach kuschle ich mich ins Bett (im Zimmer ist es inzwischen angenehm warm). Lasse mich vom Fernseher berieseln (ist zwar alles chinesisch) und schreibe mein Tagebuch.

Sonntag, 24. August 2003

Kailash - Lhatse


Habe wieder nicht besonders gut geschlafen, Ute hat mir irgendwann eine Schale heiße Suppe vorbeigebracht. Um 6:30 ist wecken. Frühstück nehme ich nur heißen Tee mit Honig. Um 8:30 fahren wir endlich los.

Es geht über mehrere Pässe, der höchste um die 5300m. Der Tschangtang zeigt sich von seiner besten Seite. Wir fahren stundenlang im Matsch und Schneetreiben auf 4900m dahin, über einige Pässe, an einigen Seen vorbei, gegen 13:00 Uhr erreichen wir die heißen Schwefelquellen (da hätten wir gestern schon sein sollen) und stecken prompt im Stau wegen entgegenkommender LKW’s.

Endlich geht es weiter und auf einmal stehen wir an der Kreuzung zur Südroute! Kaum zu glauben. Heute wollen wir die gesamte verlorene Zeit der letzten Tage aufholen und fahren bis 20:00h durch. Die Straße ist weitaus besser als im Changtang bzw. während der Transhimalaya-Überquerung – abgesehen  von einigen Erdrutschen, weggespülten Brücken und gelegentlichen Geländewertungen (aber das sind wir ja mittlerweile gewöhnt).

Die Straße führt teils entlang des Tsangpo (Brahmaputra) – jetzt haben wir den 4. Fluss erreicht – teils wieder über unzählige Pässe. Die Landschaft bekommt jetzt langsam einen mehr „zivilisatorischen“ Charakter. Mehr Verkehr, kleinere Siedlungen, viele Tierherden und Ackerbau (vorwiegend Gerste).

Am Abend erreichen wir – endlich – Lhatse. Hier beginnt der „Wilde Westen Tibets“. Da wir ja aus dem Westen kommen, sehe ich es eher als das Tor zur Zivilisation – beginnt bereits mit einer Asphaltstraße einige km vor der Stadtgrenze.

Untergebracht werden wir im Lhatse Hotel. Na ja, mein Zimmer hat keinen Strom, das Badezimmer zwar vorhanden, aber zum Teil kaputtgeschlagen bzw. nicht fertig, daher nicht zu verwenden. Wenigstens bringt irgendwann eine Kaugummikauende Chinesin heißes Wasser in zwei Teekannen.

Was soll’s – endlich nicht mehr in dem Scheißzelt schlafen. Und Morgen fahren wir weiter nach Shigatse. Wow! Strom wurde eingeschalten...

Samstag, 23. August 2003

Kailash - es reicht!


Hab nicht besonders gut geschlafen. Um Punkt 8:00 kommen Keshi und Serki mit ihrem early morning tea – dann bricht wieder die Hektik aus: Katzenwäsche, zusammenpacken, Zeltabbau, Seesack ins Auto.... damit wir um Punkt 9:00 zum Frühstück bereit sind – Abfahrt ist dann eh erst um 10:15h. Schon langsam geht mir das Ganze auf den Geist! Habe heute keinen Appetit, trinke nur Tee.

Dann sind wir endlich wieder auf der Piste. Es geht ganz gut dahin, sogar „Rotkäppchen“ (der Chaosfahrer von Jeep 2) verursacht heute erstaunlich geringe Probleme. Der Tschangtang zieht sich endlos dahin. Wir kommen an mehreren Seen vorbei, über zwei Pässe (4900m), doch kaum darüber, taucht dahinter die nächste Bergkette auf.

Mittagessen kann man heute vergessen, da alles nach Petroleum schmeckt – also wieder Tee und Früchte aus der Dose. Natürlich gibt es auch heute wieder unnötig in die Länge gezogene Stopps (bis zu ½ Stunde). Das summiert sich natürlich – auch heute kommen wir nicht weiter. Auf 5000m Höhe (Fuß des Passes) wird schon wieder gewartet (mittlerweile ist es eh schon wieder 18:00) einer der Jeeps hat offensichtlich Probleme mit dem Radlager oder so.

Endlich geht es weiter –
allerdings nur ein paar hundert Meter, bis beschlossen wird, hier zu lagern!
Mittlerweile hat es zu regnen begonnen, es ist saukalt, über 5000m und am Pass oben schneit es sicher schon. Meine Verkühlung wurde in den nächsten Tagen auch nicht besser.

Ich bin ziemlich angefressen, denke nicht daran, auszusteigen und beim Zeltaufbau zu helfen. Falls keiner mein Zelt aufstellt, schlafe ich halt im Auto, basta!
Frage mich, wie wir so das morgige Etappenziel erreichen sollen, wird wohl nicht gehen, eine weitere scheiß Zeltübernachtung droht. Dabei habe ich jetzt wirklich genug von dem ganzen Dreck.

Am Anfang war es ja ganz nett, aber jetzt reicht es langsam! Hotel, ordentliches Bett, WC, Dusche und ein vernünftiges Essen, wenn möglich nicht am Klappstuhl, jetzt wird’s langsam Zeit für Zivilisation. Unser Koch bemüht sich zwar sehr, und kocht auch sehr gut mit den wenigen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, aber nach mehr als drei Wochen reicht es mit der Trekkingküche, dem Tee usw.

Mein Zelt steht doch, na ja die Sherpas waren’s wohl nicht, ich glaube denen reicht es auch langsam...

Was soll’s, ich krieche rein, baue mein Bett zusammen und beschließe, heute mal den ganzen Quatsch (Teatime und Abendessen) ausfallen zu lassen. Zum ersten Mal seit Beginn der Reise bin ich echt mies drauf.